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Abenteuerliche Erkundungsfahrten in den unbekannten hohen Norden
gab es bereits in der Antike. Immer wieder versuchten Wagemutige in Kälte,
Finsternis und völlige Ungewissheit vorzudringen. Erste glaubwürdige
Nachrichten hinterließ der griechische Astronom und Geograf Pytheas von
Massilia, der im 4. Jahrhundert vor Christus von Britannien aus sechs Tage lang
nach Norden segelte und dann auf erstarrtes Meer und Land traf. Ungezählt
sind die oft dramatischen Entdeckungsreisen, die ab dem Ende des 15.
Jahrhunderts zur Auffindung der Nordpassagen dienen sollten. Zu dieser Zeit
hielten Spanien und Portugal die südlichen Wasserstraßen zu den
Schätzen des Fernen Ostens besetzt. Engländer und Holländer
versuchten daraufhin über den Norden entlang der Küsten Amerikas und
Asiens, die begehrten Luxusgüter wie Gewürze und Seide aus Kathay und
Indien zu erreichen. Wegweisend für die Reisen ins Eismeer war der
bedeutendste Kartograf des 16. Jahrhunderts, Gerhard Mercator. Seine Weltkarte
von 1569 in "Mercatorprojektion" war bahnbrechend für die exakte
Navigation auf den Weltmeeren. Auch heute noch sind alle Seekarten in
Mercatorprojektion gefertigt. Die Weltkarte von 1569 zeigt die erste separate
Abbildung des Nordpolgebietes in der Kartografiegeschichte. Auch der erste
Atlas der Welt, gedruckt 1595 in Duisburg, enthält diese berühmte
Karte. Nach Mercator sind Amerika und Asien durch die Anian-Straße
getrennt.
Diese Vorstellung brachte den Durchbruch für die Annahme
einer Nordpassage, in östlicher wie auch in westlicher Richtung. Denn
strittig war zu dieser Zeit noch, ob Amerika und Asien überhaupt
voneinander getrennt seien. Viele Gelehrte, Kartografen und auch Kaiser Karl V.
glaubten an eine zusammenhängende Landmasse. Heroische Leistungen wurden
von namhaften Expeditionsleitern wie Barentsz, Ross, Franklin, Bering, Nansen
u. v. a. und ihren Mannschaften vollbracht, oft unter heute unvorstellbaren
Strapazen. Die Erforschung der Arktis kostete ungezählten Menschen das
Leben, einer von ihnen war Willem Barentsz. Barentsz und die Besatzung des
Schiffes "Behouden Huys" waren die ersten Europäer, die in der Arktis
überwinterten. An der Nordostküste von Novaja Semlja bauten sie sich
im Winter 1596/1597 aus Teilen ihres havarierten Schiffes eine Unterkunft. Auf
der Rückreise im Juni 1597 starb Willem Barentsz an Skorbut. Die
Überlebenden wurden von einen holländischen Handelsschiff gerettet.
Das wohl bekannteste Beispiel für den dramatischen Untergang einer
Expedition in den hohen Norden ist das Schicksal von John Franklin und seiner
Mannschaft. Sir John Franklin brach 1845 zu seiner dritten Expedition in die
Arktis auf. Seine Schiffe "Erebus" und "Terror" waren eistauglich, sie
erhielten außerdem Heißwasserheizungen, Entsalzungsanlagen und
dampfbetriebene Schiffsschrauben. Proviant und Heizmaterial für drei Jahre
war an Bord, darunter auch 8000 Konservendosen mit eingekochtem Fleisch. Noch
nie war eine derart gut ausgerüstete Expedition in die Arktis
aufgebrochen, trotzdem verschwanden alle Beteiligten spurlos und
unerklärlich. Ab 1848 begannen zahlreiche Expeditionen mit Suchaktionen,
die insgesamt zehn Jahre dauern sollten. Einige Gegenstände und auch
sterbliche Überreste von Expeditionsteilnehmern wurden entdeckt. Die
Ursache der Katastrophe konnte aber erst in den 1980er Jahren geklärt
werden: Die Bleiversiegelung der Konservendosen wurde zum Schicksal der
Expeditionsteilnehmer.
Die frühen Entdecker der Arktis schufen
durch ihre entbehrungsreichen und oft tragischen Fahrten die Grundlage der
heutigen modernen geowissenschaftlichen Forschungen im Arktisgebiet. Auch
Deutschland beteiligt sich an den heute in internationaler Zusammenarbeit
stattfindenden Forschungsarbeiten. Die Stiftung Alfred Wegener-Institut
Bremerhaven betreibt auf Spitzbergen die ganzjährig besetzte
Koldewey-Forschungsstation mit dem Schwerpunkt der Stratosphärenmessungen
zur Klimarekonstruktion und den Untersuchungen zur Lebenswelt der arktischen
Tiefsee. Wichtigstes Hilfsmittel zur Erkundung der Arktis ist heute das
eisbrechende Forschungsschiff "Polarstern". Zahlreiche persönliche
Gegenstände von Expeditionsteilnehmern, Navigationsinstrumente, seltene
historische Landkarten, moderne Arktis-Ausrüstung und andere Leihgaben aus
dem Aus- und Inland sind exklusiv in dieser eigens für Duisburg
zusammengestellten Ausstellung zu sehen.
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