Apostel-Diebstahl und glückliche Heimkehr
von Harald Küst
Die fast vergessene Geschichte der wiedergefundenen Petrus-Figur
Manchmal schreibt die Kunstgeschichte die spannendsten Krimis selbst – das beweist ein RP- Artikel aus dem Jahr 2001 von Peter Klucken. Ganze drei Jahrzehnte dauerte es, bis eine etwa 550 Jahre alte Holzfigur des Heiligen Petrus aus dem einstigen Niederrheinischen Museum Duisburg endlich wieder an ihren Ursprungsort zurückkehrte. Die spätmittelalterliche Ausstattung der Duisburger Salvatorkirche umfasste ursprünglich eine aus Eichenholz geschnitzte Apostelreihe. Sechs dieser Figuren gelangten später in den Besitz des Stadtmuseums. Ende der 1960er-Jahre jedoch verschwanden drei der Apostel spurlos – ein Verlust, der bis heute Fragen aufwirft.

Heute stehen die Apostel in der Stadtgeschichte – aber sie haben eine Kriminalgeschichte hinter sich. krischerfotografie
Eine Entdeckung in Amsterdam
Erst im Jahr 2001 nahm der Fall eine überraschende Wendung. Die Rheinische Post meldete triumphierend: Heiliger Petrus kehrt nach Duisburg zurück. Die verschollene Skulptur war in Amsterdam aufgetaucht – versteckt in einem Nachlass, der über das renommierte Auktionshaus Christie’s veräußert werden sollte.
Im Auktionskatalog fiel dem Münsteraner Kunsthistoriker Dr. Reinhard Karrenbrock eine Petrus-Figur auf, deren Stil und Ausführung ihm vertraut vorkamen. In Absprache mit den Fachleuten des Duisburger Museums verglich er Fotos aus dem Kölner Bildarchiv – und die Identifikation war eindeutig: Der Heilige Petrus stammte definitiv aus der Apostelreihe der Salvatorkirche.
Christie’s Amsterdam sowie die überraschten Erben verzichteten auf jeden finanziellen Gewinn. Die Figur wurde aus der Auktion genommen und an die Stadt Duisburg zurückgegeben. Dank Karrenbrocks Aufmerksamkeit fand der Apostel nach Jahrzehnten seinen Weg zurück in die stadtgeschichtliche Sammlung des heutigen Kultur- und Stadthistorischen Museums. So gesehen ist die Petrus-Figur auch eine Hommage an die Beharrlichkeit der kunsthistorischen Spurensuche.
Der Skandal der 70er-Jahre
Doch der wiedergefundene Petrus war nur die Spitze des Eisbergs. Die Rheinische Post griff den Fall am 22. März .2001 erneut auf – und erinnerte an den großen Duisburger Museumsskandal der 1970er-Jahre. Kulturredakteur Peter Klucken berichtete von internen Dokumenten, die 1975 ans Licht kamen und gravierende Unregelmäßigkeiten im Niederrheinischen Museum belegten.
In den Akten ist von weiteren Verlusten die Rede: Neben den Apostelfiguren verschwanden unter anderem Mercator-Atlanten, eine silberne Barockkanne, eine Bronzebüste, mehrere Zinnkrüge und andere historische Objekte. Viele dieser Kunstschätze sind bis heute verschollen. Trotz intensiver Ermittlungen blieb der Fall ohne Schuldige. Die juristische Klärung verlief im Sande – und so ist der Heilige Petrus wohl der Einzige, der den Weg aus der Kunstraub-Versenkung zurückgefunden hat.
Die Heimkehr des Heiligen Petrus
Heute steht die Petrus-Figur wieder dort, wo sie hingehört: im Kultur- und Stadthistorischen Museum. Ein stiller Zeuge unserer bewegten Stadt- und Religionsgeschichte. Katholiken und Protestanten ehren denselben Apostel Petrus, laden ihn aber mit unterschiedlicher Bedeutung auf. Für Katholiken der erste Bischof von Rom und Begründer des Papsttums, für Protestanten verkörpert er das reformatorische Anliegen, dass Glaube und Vertrauen in Gott wichtiger sind als äußere Ämter.
Quellen: Reinhard Karrenbrock, Zur Apostelreihe der Salvatorkirche in Duisburg, Duisburger Forschungen, Band 48; S. 321-324;
Peter Klucken, Rheinische Post vom 15.3.2001 und 22.3.25
Der Artikel erschien zuerst in der Rheinischen Post vom 1.12.2025








