Ein Beitrag zum Welt-Roma-Tag
In den letzten drei Jahren hat das Zentrum für Erinnerungskultur gut besuchte Veranstaltungen zum Welt-Roma-Tag durchgeführt. Leider können wir wegen der Corona-Pandemie dieses Jahr weder Lesungen noch Vorträge oder ähnliches anbieten. Doch wir möchten Sie mit einem besonderen Foto auf die Bedeutung dieses Tages aufmerksam machen: Es ist das Titelmotiv der lokalgeschichtlichen Ergänzung zur Ausstellung „Rassendiagnose Zigeuner“, eine Wanderausstellung, die das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma konzipiert hat.
Quelle: Mario Reinhardt
Das Foto zeigt die Duisburger Sintiza Christine Lehmann (*1920) mit ihren beiden Söhnen Egon (*1939) und Robert (*1942). Christine Lehmann schickte dieses Foto als Postkarte an eine Freundin. Der Anlass war wahrscheinlich die Geburt ihres zweiten Kindes Robert bei ihrer Schwägerin im Exil in Luxemburg. Christine versah das Foto mit der handschriftlichen Versicherung, dass sie gut auf die beiden Kinder aufpassen werde. Auf der Rückseite schrieb sie den Spruch: “Rosen, Tulpen und Nelken alle 3 verwelken nur das eine nicht und sie heißt Vergißmeinnicht”.
Im Juli 1943 organisierte die Duisburger Kriminalpolizei Christines Deportation nach Auschwitz. Ihre Söhne blieben zunächst bei der Familie ihres „deutschblütigen“ Mannes. Am 7. März 1944 jedoch begleitete der Duisburger Kriminalbeamte Wilhelm Helten – er war besonders aktiv in der Verfolgung der Duisburger Sinti – die beiden Kinder persönlich nach Auschwitz. Der Sohn Robert wurde im Juni 1944 ermordet, Egons Schicksal ist ungeklärt. Christines Tod ist für den 28. März 1944 vermerkt. Zur selben Zeit saß ihr Bruder Franz Lehmann in einem Außenlager von Auschwitz gefangen. Er überlebte das Vernichtungslager und kehrte in seine Heimatstadt Duisburg zurück. 2019 besuchte sein Enkel, Mario Reinhardt, unsere Veranstaltung zum Welt-Roma-Tag. Ihm haben wir dieses einmalige Zeugnis zu verdanken. Für die Ausstellung übergab er uns zahlreiche private Familienfotos. Sie brechen mit der lange wirkmächtigen Perspektive der Täter.