Das Liebesleben römischer Soldaten
„Auch Gastmähler mit gedeckten Tischen öffnen dir den Zugang; außer Wein gibt es dort noch mehr zu holen.“
Das Liebesleben der römischen Legionäre wirft ein faszinierendes Licht auf die Kulturgeschichte vor 2000 Jahren. Objekte mit erotischen Motiven, Eherecht, Prostitution und Liebestechniken wecken auch heute noch Neugier und Phantasie. In der Nähe des linksrheinischen Römerkastells Asciburgium auf dem Gebiet des heutigen Duisburg blühte ein lebendiges Lagerdorf, das mit Tavernen, Thermen, Vergnügungen und Frauen den Legionären Abwechslung vom harten Militärdienst bot. Obwohl während der Dienstzeit ein generelles Heiratsverbot galt, zögerten die Soldaten nicht, einen Teil ihres Soldes für den Umgang mit Frauen auszugeben, sei es innerhalb oder außerhalb des Lagers. Prostitution gehörte zum römischen Alltag.
Ein Grabsteinfund in Asciburgium belegt ein Frau namens Polla Matidia mit dem Beinamen „Olymphia“, die im Lagerdorf lebte. Als Konkubine eines Legionärs führte sie ein Leben als Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin. Etwa 500 Legionäre waren in Asciburgium stationiert, und Wein, Glücksspiel und Theateraufführungen boten antike Formen der „Truppenbetreuung“. Während sich die einfachen Legionäre im Bordell oder auf der Straße vergnügten, hatten die höheren Ränge die Möglichkeit, bei oder mit Frauen zu speisen. Die Damen frisierten sich nach dem Vorbild der auf Münzen abgebildeten Mitglieder des Herrscherhauses und verwendeten künstliche Haarteile und Farbstoffe wie Henna, um sich zu verschönern. Beim Schminken wurden Augenbrauen und Lider dunkel betont, manchmal wurde auch Rouge aufgetragen.
Der Dichter Ovid formulierte es elegant: „Auch Gastmähler mit gedeckten Tischen öffnen dir den Zugang; außer Wein gibt es dort noch mehr zu holen.“ Wer Originalzeugnisse über das Liebesleben römischer Legionäre vor 2000 Jahren sucht, muss sich mit dem Werk „Ars Amatoria“ des Dichters Ovid (43 v. Chr. bis 17/18 n. Chr.) beschäftigen. Auch wenn es sich nicht nur auf das Liebesleben der römischen Soldaten am Rhein von Köln bis Xanten bezieht, gibt es doch Einblicke in die römische Sexualmoral und wie Liebe und Sexualität in der römischen Gesellschaft gesehen wurden.
Julia Viktoria Tschuffer beschreibt in ihrer Magisterarbeit Ovids Rolle als praeceptor amoris (Liebeslehrer), der in den ersten beiden Büchern Männern aus eigener Erfahrung Ratschläge gibt, wie sie ein Mädchen finden, von sich überzeugen und für sich gewinnen können, um schließlich eine dauerhafte Liebe daraus zu machen. Das dritte Buch richtet sich an Frauen: Neben Empfehlungen zur Körper- und Schönheitspflege – die bei den Männern um ein Vielfaches kürzer ausfallen – und Verhaltensregeln finden sich unter anderem Hinweise, wo Frauen Männer treffen können, bis hin zu vielfältigen Anregungen für die richtigen Liebesstellungen im Bett. Ovids „Ars Amatoria“ erinnert uns daran, dass Liebe und Verführung eine Kunst sind, die damals wie heute Neugier und Interesse weckt.
Harald Küst, Rheinische Post
Quellen
- René Hänggi, Martin Hartmann, Claudia Holliger, M. Alexander Speidel: Das Liebesleben römischer Soldaten – ohne Recht auf Frau und Kind? Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung im Stadtmuseum, Duisburg 1992.
- Gernot Tromnau: „Römisches Liebesleben“ und maltesische „Fruchtbarkeitsgöttin“. In: Duisburger Jahrbuch 1993; S. 59.
- Julia Viktoria Tschuffer: Lebenswelten – Liebeswelten, Ovids Ars amatoria als Spiegelbild der römischen Gesellschaft zur Zeitenwende, Graz 2018.